Unser Gewicht hat großen Einfluss auf unsere Gesundheit. Wer übergewichtig ist, hat ein höheres Risiko für chronische Erkrankungen. Allerdings haben wir nicht alle den gleichen Körper und nicht die gleichen Voraussetzungen, um unser Gewicht unter Kontrolle zu halten. Auch wenn Ernährung und Lebensstil eine wichtige Rolle spielen, können genetische, hormonelle und andere Faktoren eine Gewichtszunahme begünstigen.
Übergewicht und Adipositas (starkes Übergewicht) zählen zu den größten Gesundheitsproblemen in Deutschland. Je höher der BMI (Body-Mass-Index) ist, desto höher ist das Risiko für Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Arthrosen, Nierenerkrankungen oder Unfruchtbarkeit (bei Männern). Rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind übergewichtig, ein Viertel aller Erwachsenen ist adipös (stark übergewichtig).
Die Erklärung, dass Menschen mit Übergewicht zu viele Kalorien aufnehmen und zu wenige verbrennen, ist jedoch zu einfach. Weitere, oft auch unsichtbare Faktoren können es ihnen zusätzlich erschweren, ein gesundes Gewicht zu halten.
1. Genetische Faktoren
Die einen nehmen schneller ab, andere nehmen schneller zu. Kinder von übergewichtigen Eltern haben eine genetische Veranlagung dazu, auch übergewichtig zu werden. Unsere Gene bestimmen, wie unser Stoffwechsel auf Ernährung und Lebensstil reagiert, wie und wo wir unsere Kilos zunehmen oder verlieren. Zwillingsstudien haben gezeigt, dass genetische Faktoren eine wichtige Rolle dabei spielen, wie hoch unser Energieumsatz ist und wie unser Körper aufgenommene Nahrung als Fettgewebe speichert.
2. Verarbeitete Lebensmittel
Fastfood, Wurst, Käse, Süßigkeiten und Chips haben eine hohe Energiedichte (mehr als 2,5 kcal pro Gramm). Sie stecken oft voller Zusatzstoffe, Zucker, Fett und Salz uns machen uns weniger satt, als sie sollten. Daher neigen wir eher dazu, von Fertiggerichten und Co. zu viel zu essen – auch über den Hunger hinaus.
Je niedriger die Energiedichte eines Lebensmittels, desto mehr kann man davon essen, ohne zuzunehmen. Zu den Lebensmitteln mit niedriger Energiedichte zählen Obst, Gemüse, Kartoffeln, mageres Fleisch und fettarme Milchprodukte. Brot, Nudeln und Linsen haben eine mittlere Energiedichte.
3. Ungesunde Esskultur
Wer sich unterwegs einen Snack kaufen möchte, wird eher einen Automaten voller Süßigkeiten finden als einen Obststand. Im Supermarkt sind an der Kasse grundsätzlich Schokoriegel platziert. Fettreiches Junk Food und zuckerreiche Limonaden werden schon an Kinder vermarktet. Ungesunde Lebensmittel sind leichter zugänglich – und oft besonders preisgünstig. Wer sich heute gesund ernähren möchte, muss sich geradezu anstrengen, der permanenten Versuchung zu widerstehen.
4. Binge-Eating
Binge-Eating (Esssucht) ist die häufigste Essstörung. Betroffene leiden unter wiederkehrenden Essattacken, die sie nicht kontrollieren können. Dabei essen sie in kürzester Zeit sehr große Nahrungsmengen, auch wenn sie sich körperlich vielleicht gar nicht hungrig fühlen.
40 Prozent der Binge-Eating-Betroffenen sind stark übergewichtig, haben also einen BMI über 30. Oft leiden sie gleichzeitig an weiteren psychischen Erkrankungen wie Angststörungen. Eine Verhaltenstherapie ist für Betroffene eine wirksame Methode, um die Essstörung in den Griff zu bekommen und Rückfällen vorzubeugen.
5. Bewegungsmangel im Lockdown
Laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) bewegen sich mehr als 25 % der Erwachsenen und 80 % der Jugendlichen nicht genug. Durch die Corona-Pandemie, Homeoffice, Homeschooling und die Schließung von Sportstätten hat sich der Bewegungsmangel in letzter Zeit verschärft. Besonders im Winter-Lockdown hat unsere körperliche Aktivität im Alltag massiv abgenommen – und das ist wiederum ein wichtiger Faktor für Übergewicht.
Die WHO empfiehlt Erwachsenen mindestens 150 Minuten und Kindern mindestens 60 Minuten aerobes Training pro Woche (Joggen, Fahrradfahren, Tanzen u.a.).
6. Medikamente
Manche Arzneimittel können dafür sorgen, dass du verstärkt zunimmst:
- Antidiabetika: Diabetes-Medikamente können Inhaltsstoffe enthalten, die eine Gewichtszunahme fördern. Auch das blutzuckersenkende Hormon Insulin kann dafür sorgen, dass du zunimmst.
- Psychopharmaka: Einige Psychopharmaka können dein Gewicht erhöhen, besonders bei einer langen Einnahmedauer. Sie beeinflussen den Hirnstoffwechsel und können sich auf Appetit, Sättigung und Stoffwechsel auswirken.
- Betablocker: Manchmal nehmen Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck oder einer Herzerkrankung zu, weil sie Betablocker nehmen.
Hast du den Verdacht, wegen Medikamenten zuzunehmen? Bitte setz die Medikamente nicht einfach ab, sondern sprich deine Ärztin oder deinen Arzt darauf an. Für viele der genannten Arzneimittel gibt es gewichtsneutrale oder gewichtsreduzierende Alternativen, die du dir verschreiben lassen kannst.
7. Grunderkrankungen
Neben Medikamenten können auch bestimmte Erkrankungen eine Ursache für Übergewicht sein:
- Schilddrüsenunterfunktion: Schilddrüsenprobleme beeinflussen deinen Stoffwechsel. Wenn die Schilddrüsenhormone T3 und T4 nicht ausreichend produziert werden, ist dein Energieumsatz geringer.
- PCOS (Polyzystisches Ovar-Syndrom): Diese Erkrankung, bei der sich Zysten an den Eierstöcken bilden, wird oft erst spät erkannt. Die betroffenen Frauen haben oft einen unregelmäßigen Zyklus. Auch Übergewicht kann ein Symptom sein.
- Morbus Cushing: Bei Patientinnen und Patienten mit Morbus Cushing (Hypercortisolismus) schüttet der Körper mehr Kortison ins Blut aus als normal. Ist der Kortisonspiegel dauerhaft hoch, nehmen sie an Gewicht zu.
- Testosteronmangel bei Männern: Wenn die Hypophyse oder der Hypothalamus zu wenig Testosteron produzieren, kann der Körper als Folge zusätzliche Fetteinlagerungen bilden.
Wenn du an Übergewicht leidest, ist nicht immer die Ernährung oder der Lebensstil schuld. Auch der Stoffwechsel spielt eine entscheidende Rolle – und der ist bei jedem Menschen sehr individuell aufgestellt.
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Wenn du Gewichtsschwankungen hast, die dir unnatürlich vorkommen oder du dein Gewicht besser kontrollieren möchtest, hol dir ärztliche Hilfe. Unsere erfahrenen Ärztinnen und Ärzte unterstützen dich gern dabei, ein gesundes Gewicht zu erreichen und zu halten.