Die meisten Kopfschmerz-Arten kannst du gut selbst behandeln – einerseits mit Medikamenten, andererseits durch Veränderungen im Lebensstil. Dieser Leitfaden soll dir helfen, die Art und Ursache deiner Kopfschmerzen zu erkennen und sie selbstständig zu lindern. Ärztin Dr. Rhianna McClymont gibt Tipps zur Selbsthilfe und erklärt, in welchen Fällen du zum Arzt gehen solltest.
Überblick
- Kopfschmerzen können ein Hinweis auf Bluthochdruck sein.
- Frauen leiden häufig an hormonell bedingten Kopfschmerzen oder Migräne.
- Koffeinentzug oder der übermäßige Gebrauch von Schmerzmitteln können ebenfalls Kopfschmerzen auslösen.
Wenn du regelmäßig unter Kopfschmerzen leidest, bist du damit nicht allein. Etwa 50–75 % von uns hatten im vergangenen Jahr mindestens einmal Kopfschmerzen. In den meisten Fällen sind Kopfschmerzen kein Grund zur Sorge. Sobald du einmal herausgefunden hast, unter welchem Kopfschmerztyp du leidest und welche Auslöser es dafür gibt, kannst du sie in der Regel problemlos vermeiden oder selbst behandeln.
„Wende dich aber auf jeden Fall an einen Arzt, wenn deine Kopfschmerzen nicht nachlassen, du dir Sorgen machst oder wenn deine Kopfschmerzen so stark sind, dass sie deinen Alltag beeinträchtigen“, empfiehlt Dr. Rhianna McClymont, Ärztin bei Kry.
In diesem Leitfaden findest du die häufigsten Kopfschmerztypen sowie Tipps zur Selbsthilfe:
1. Spannungskopfschmerzen
Wie sie sich anfühlen: Du hast leichte bis mäßig starke Schmerzen in beiden Kopfhälften,, deine Nackenmuskulatur kann verspannt sein, möglicherweise hast du auch ein Druckgefühl hinter den Augen.
Woher sie kommen: Stress, schlechte Haltung, Schielen, Überbeanspruchung durch Bildschirmarbeit, Müdigkeit, Dehydrierung, ausgelassene Mahlzeiten, mangelnde körperliche Aktivität, helles Sonnenlicht, Lärm und bestimmte Gerüche
Was du dagegen tun kannst: „Spannungskopfschmerzen sind in der Regel gut mit frei verkäuflichen Schmerzmitteln behandelbar“, so Dr. McClymont. „Mit Änderungen deines Lebensstils kannst du sogar dafür sorgen, dass Spannungskopfschmerzen gar nicht erst auftreten. Dabei ist alles hilfreich, was Stress reduziert, z. B. Yoga, Meditation, Massage oder Bewegung.“ Achte außerdem auf Bildschirmpausen, regelmäßige Mahlzeiten und darauf, dass du tagsüber genug Wasser trinkst.
2. Cluster-Kopfschmerzen
Wie sie sich anfühlen: Diese Kopfschmerzen treten plötzlich auf und der Schmerz ist stark, normalerweise ein scharfes, stechendes oder brennendes Gefühl in einer Kopfhälfte.
Cluster-Kopfschmerzen treten bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Der Schmerz tritt oft im Bereich der Augen, Schläfen und manchmal auch im Gesicht auf. Es können auch ein oder mehrere andere Symptome auftreten, wie z. B. ein rotes, tränendes Auge, ein hängendes oder geschwollenes Augenlid, eine kleinere Pupille in einem Auge, ein verschwitztes Gesicht oder eine einseitig verstopfte oder laufende Nase. Die Anfälle dauern in der Regel zwischen 15 Minuten und 3 Stunden und können in täglichen Schüben über einen Zeitraum von 4–12 Wochen auftreten.
Woher sie kommen: Die genauen Ursachen sind nicht bekannt. Man nimmt jedoch an, dass ein genetischer Faktor eine Rolle spielen könnte. Auch Raucher sind stärker gefährdet. Die Anfälle können durch Alkohol und starke Gerüche wie Parfüm, Farbe oder Benzin ausgelöst werden.
Was du dagegen tun kannst: „Wende dich in jedem Fall an einen Arzt, falls du glaubst, dass du an Cluster-Kopfschmerzen leidest“, empfiehlt Dr. McClymont. „Dieser Kopfschmerztyp erfordert oft eine fachärztliche Behandlung durch einen Neurologen.“
3. Migräne
Wie sie sich anfühlt: Migräne betrifft 1 von 5 Frauen und 1 von 15 Männern, das Hauptsymptom sind mäßige bis starke, pochende einseitige Kopfschmerzen. Bei Migräne können auch weitere Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Sehstörungen, Lichtempfindlichkeit sowie Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen und Gerüchen auftreten.
Manche Betroffene leiden unter Sehstörungen (Lichtblitze), bevor die Migräne auftritt (Migräne mit Aura), meistens gibt es jedoch keine Warnzeichen. Bei einer Augenmigräne kommt es zu Sehstörungen wie Lichtblitzen, Flackern, Flimmern und anderen Symptomen, es treten jedoch meist keine Kopfschmerzen auf. Die Anfälle dauern zwischen 4 und 72 Stunden.
Woher sie kommt: Manche Menschen haben eine genetische Veranlagung für Migräneanfälle. Es wird angenommen, dass Migräne das Ergebnis einer abnormalen Gehirnaktivität ist, die vorübergehend Nervensignale, Chemikalien und Blutgefäße im Gehirn beeinflusst.
Zu den möglichen Auslösern gehören:
- seelische Faktoren (z. B. Stress, Angst, Anspannung)
- körperliche Faktoren (z. B. Müdigkeit, Nacken- und Schulterverspannungen oder ein niedriger Blutzuckerspiegel)
- ernährungsbedingte Faktoren (z. B. Alkohol, Dehydrierung oder bestimmte Lebensmittel, die die Substanz Tyramin enthalten, die in gepökeltem Fleisch, geräuchertem Fisch und starkem und gereiftem Käse enthalten ist)
- hormonelle und umweltbedingte Faktoren (z. B. helle Lichter, Geräusche, Gerüche)
- bestimmte Medikamente (wie Hormonersatztherapie und die Kombinationspille zur Empfängnisverhütung).
Was du dagegen tun kannst: „Du solltest einen Arzt aufsuchen, falls deine Migräne besonders stark ist oder regelmäßig auftritt“, empfiehlt Dr. McClymont. „Es gibt verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente gegen Migräne, die helfen können, die Symptome zu lindern oder zu verhindern, dass diese auftreten.“ Außerdem ist es natürlich wichtig, dass du deine Migräne-Auslöser kennst und meidest.
4. Sinus-Kopfschmerzen
Wie sie sich anfühlen: Du spürst einen Druck oder ein Pochen im Bereich der Wangen, Augen und Stirn. Möglicherweise hast du auch Schmerzen im Gesicht.
Woher sie kommen: Sinus-Kopfschmerzen werden in der Regel durch eine Sinusitis verursacht – eine Schwellung der Nasennebenhöhlen, die meist durch eine Infektion ausgelöst wird. Zu den weiteren Symptomen gehören eine verstopfte oder laufende Nase, verminderter Geruchssinn, Fieber, Zahnschmerzen sowie gelbliches oder grünes Nasensekret.
Was du dagegen tun kannst: „Sinus-Kopfschmerzen lassen sich in der Regel gut zu Hause behandeln, z. B. durch viel Ruhe, Inhalieren, die Einnahme von Schmerzmitteln und eine ausreichende Trinkmenge“, erklärt Dr. McClymont. „Du solltest jedoch spätestens dann einen Arzt aufsuchen, wenn du seit mehr als 3 Wochen unter Sinus-Kopfschmerzen leidest. Es gibt verschreibungspflichtige Medikamente, die dir helfen können.“
5. Medikamenteninduzierter Kopfschmerz (Rebound-Kopfschmerz)
Wie er sich anfühlt: Oft sind es dumpfe Schmerzen, die an Spannungskopfschmerzen erinnern. Es können jedoch auch stärkere Schmerzen auftreten.
Woher er kommt: Medikamenteninduzierte Kopfschmerzen können bei regelmäßigem Übergebrauch von Schmerzmitteln, meist frei verkäuflichen Analgetika (wie Paracetamol oder Ibuprofen), auftreten. Man nimmt an, dass der Kopfschmerz, der durch das Medikament unterdrückt wurde, „zurückkehrt“, sobald die Wirkung des Medikaments im Blutkreislauf nachlässt. Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit der Medikamente abnimmt, je häufiger du diese einnimmst. Dadurch werden die schmerzfreien Phasen immer kürzer und die Kopfschmerzen treten immer häufiger auf.
Was du dagegen tun kannst: Stressabbau kann dir dabei helfen, Kopfschmerzen zu stoppen. Du musst jedoch die Schmerzmittel absetzen. Wenn du dabei Unterstützung benötigst oder noch nicht sicher bist, ob Medikamente die Ursache deiner Kopfschmerzen sind, wende dich gern an unsere Ärztinnen und Ärzte.
6. Schmerzen wegen Koffeinentzug
Wie sie sich anfühlen: Du hast starke, pochende Kopfschmerzen. Außerdem können Reizbarkeit, Angst und Übelkeit auftreten.
Woher sie kommen: Wenn du regelmäßig Kaffee, Tee und andere koffeinhaltige Getränke zu dir nimmst und dann damit aufhörst, können Symptome eines Koffeinentzugs auftreten, zu denen auch Kopfschmerzen gehören. Das liegt daran, dass Koffein die Blutgefäße verengt. Wenn du kein Koffein mehr zu dir nimmst, weiten sich die Gefäße wieder – und der erhöhte Blutfluss kann Kopfschmerzen auslösen. Weitere Symptome des Koffeinentzugs sind Angst, Reizbarkeit, Übelkeit und Muskelschmerzen.
Was du dagegen tun kannst: Die Symptome lassen in der Regel im Laufe einiger Tage nach, da sich das Gehirn an die veränderte Durchblutung infolge des geringeren Koffeinkonsums gewöhnt. Wenn du deinen Koffeinkonsum reduzieren oder ganz auf Koffein verzichten möchtest, solltest du ihn über einen Zeitraum von 6 Wochen schrittweise reduzieren, anstatt abrupt aufzuhören.
7. Hormonell bedingte Kopfschmerzen
Wie sie sich anfühlen: In bestimmten Phasen deines Zyklus können mäßige bis starke Kopfschmerzen oder Migräne auftreten.
Woher sie kommen: Viele Frauen bekommen Kopfschmerzen, wenn sich ihr Hormonhaushalt verändert. Die menstruelle Migräne kann z. B. einige Tage vor und während der Periode auftreten. Auslöser ist oft der sinkende Östrogenspiegel. Auch die hormonellen Veränderungen, die mit dem Herannahen der Wechseljahre oder in den ersten Wochen der Schwangerschaft auftreten, können Kopfschmerzen auslösen.
Was du dagegen tun kannst: Führe ein Kopfschmerztagebuch, das dir dabei hilft, deine Kopfschmerzen zu verfolgen. Halte fest, in welcher Phase des Zyklus sie auftreten, z. B. vor Beginn der Periode. Änderungen des Lebensstils, wie z. B. ein ausgeglichener Blutzuckerspiegel durch regelmäßige Mahlzeiten, die gesunde Proteine und komplexe Kohlenhydrate enthalten, Stressabbau und regelmäßige Bewegung können helfen, die Hormone wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Sprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt, wenn du den Eindruck hast, dass ein Hormonpräparat wie die Antibabypille deine Beschwerden verschlimmert.
8. Schmerzen wegen Bluthochdruck
Wie sie sich anfühlen: Du verspürst meist einen pulsierenden, pochenden Schmerz in beiden Kopfhälften.
Woher sie kommen: Die meisten Menschen wissen nicht, dass sie Bluthochdruck haben, weil keine offensichtlichen Symptome auftreten. Kopfschmerzen können jedoch auf hohen Blutdruck hinweisen. Es können auch weitere Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Verwirrung und Nasenbluten auftreten. Als idealer Blutdruck gilt ein systolischer Wert unter 120 mmHg und ein diastolischer Wert unter 80 mmHg. Werte über 140/90 mmHg gelten als zu hoch und können auf eine Erkrankung hinweisen.
Was du dagegen tun kannst: „Bei Kopfschmerzen, die durch Bluthochdruck ausgelöst werden, muss die Ursache behandelt werden“, erklärt Dr. McClymont. Eine Gewichtsabnahme, moderate Bewegung, Stressabbau und eine gesündere Ernährung können hilfreich sein. Falls dein Blutdruck zu hoch ist, wird dir deine Ärztin oder dein Arzt jedoch Medikamente verschreiben. Hol dir ärztliche Hilfe, wenn du vermutest, dass ein zu hoher Blutdruck der Auslöser für deine Kopfschmerzen ist.
9. Belastungskopfschmerzen
Wie sie sich anfühlen: Du leidest an mäßigen bis starken, pochenden Schmerzen, die während oder nach einer körperlichen Belastung auftreten.
Woher sie kommen: Zu den Belastungen, die diese Kopfschmerzen auslösen können, gehören Laufen, Bücken und Heben sowie Husten, Niesen und sogar Sex.
Was du dagegen tun kannst: „Ein neu aufgetretener Belastungskopfschmerz kann in manchen Fällen ein Zeichen für ein zugrunde liegendes Problem im Gehirn sein“, so Dr. McClymont. „Wenn du also plötzlich unter Belastungskopfschmerzen leidest, solltest du dich ärztlich untersuchen lassen – besonders, wenn diese vorher noch nie aufgetreten sind.“
Wann du zum Arzt gehen solltest
Dr. McClymont empfiehlt, in folgenden Fällen eine Ärztin oder einen Arzt zu fragen:
- Bei jedem neu aufgetretenen Kopfschmerz, der seit einigen Wochen ohne Besserung anhält oder der besonders stark ist und dich im Alltag beeinträchtigt
- Wenn du unter Kopfschmerzen leidest, die dazu führen, dass du mitten in der Nacht wach wirst, die schlimmer werden, sobald du dich hinlegst, bei denen du dich erbrechen musst oder die auftreten, wenn du hustest oder dich körperlich anstrengst.
Wann ist es ein Notfall?
In diesen Fällen solltest du sofort einen Notarzt oder Rettungsdienst rufen:
- Bei plötzlichen Kopfschmerzen, die zusammen mit neurologischen Störungen (Halbseitenlähmungen, Nackensteifigkeit, Ziehen im Hals, Taubheitsgefühle, Bewusstseinsminderung) auftreten.
- Wenn Kopfschmerzen schlagartig und mit ungewohnter Intensität auftreten (häufig als Vernichtungskopfschmerzen beschrieben), da dieser Kopfschmerztyp durch eine plötzlich aufgetretene Hirnblutung verursacht werden kann.