Als Blutzucker bezeichnet man den Glukoseanteil im Blut. Glukose (Traubenzucker) versorgt die Muskeln, das Gehirn und andere Organe mit Energie.
„Der Körper ist bestrebt, den Blutzuckerspiegel immer im Gleichgewicht zu halten“, erklärt Dr. Nikki Ramskill, Allgemeinmedizinerin bei Kry. Bei einer Zentralheizung ist der Thermostat so eingestellt, dass bei zu kalter Temperatur die Heizung anspringt, bis sie wieder die richtige Temperatur hat. Dein Körper hat ein ähnliches System: Ist der Blutzuckerspiegel zu niedrig oder zu hoch, machen sich bestimmte Hormone an die Arbeit, um ihn zu korrigieren.
Normalerweise reguliert sich der Zuckerspiegel von selbst. Bei einer Diabetes-Erkrankung funktioniert dies aber nicht richtig. Betroffene müssen darauf achten, dass ihr Blutzuckerspiegel richtig eingestellt ist.
Wie wirkt sich Diabetes auf den Blutzucker aus?
„Diabetes ist eine ernste Erkrankung, bei der das körpereigene System zur Regulierung des Blutzuckerspiegels nicht mehr richtig funktioniert“, erklärt Dr. Ramskill.
„Das Hormon Insulin hilft dem Körper, den Blutzucker zur Energiegewinnung zu nutzen. Insulin sorgt dafür, dass der Zucker aus dem Blutkreislauf in die Zellen gelangt“, so Dr. Ramskill. „Beim häufigeren Typ-2-Diabetes stellt die Bauchspeicheldrüse nicht mehr ausreichend Insulin her. Der Zucker staut sich im Blutkreislauf – dies führt zu einem höheren Blutzuckerspiegel.“
Blutzuckererkrankungen sind weit verbreitet. In Deutschland haben ca. 7,2 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 79 Jahren Diabetes.
Welche unterschiedlichen Arten von Diabetes gibt es?
„Die Behandlung ist bei jedem Diabetestyp unterschiedlich. Daher ist es wichtig zu wissen, welchen Typ man hat“, erläutert Dr. Ramskill. Die wichtigsten Arten von Diabetes sind:
Typ-1-Diabetes: Bei Typ-1-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse kein oder kaum Insulin. Daher müssen sich die Betroffenen regelmäßig Insulin spritzen, um ihren Blutzucker zu regulieren.
Typ-2-Diabetes: Bei diesem Typ von Diabetes produziert der Körper zwar noch Insulin, aber er spricht nicht mehr darauf an. Der Blutzuckerspiegel wird hier durch das Anpassen bestimmter Lebensgewohnheiten, wie zum Beispiel Ernährung und Bewegung oder Medikamente kontrolliert.
Prädiabetes: Die Vorstufe von Diabetes verursacht noch keine Symptome. Beginnt der Blutzucker jedoch über die Normalwerte anzusteigen, kann dies ein erstes Zeichen dafür sein, dass sich Diabetes entwickelt.
Schwangerschaftsdiabetes: Wenn du während der Schwangerschaft einen hohen Blutzucker hast. Hohe Blutzuckerwerte müssen gesenkt werden, damit du und dein Baby gesund bleiben.
Wie hoch sind die Blutzucker-Normwerte?
Bei Menschen ohne Diabetes liegt der Blutzucker nüchtern (vor den Mahlzeiten) bei 60 mg/dl bis 100 mg/dl (3,3 und 5,5 mmol/l).
„Auch bei gesunden Menschen steigt der Blutzucker nach dem Verzehr von Kohlenhydraten leicht an, bis die Hormone ihn wieder ins Gleichgewicht bringen. Bei Menschen mit Diabetes sind die Schwankungen jedoch viel größer“, erklärt Dr. Ramskill.
Wie hoch sollte der Blutzuckerzielwert bei Menschen mit Diabetes liegen?
Wenn du Diabetes hast, solltest du darauf achten, dass dein Blutzucker in der Regel innerhalb eines bestimmten Bereichs liegt:
- Blutzucker nüchtern: 100 bis 125 mg/dl (5,6 bis 6,9 mmol/l)
- 90 Minuten nach den Mahlzeiten: 140 bis 199 mg/dl (7,8 bis 11,0 mmol/l)
„Diese Bereiche sind Orientierungswerte“, erläutert Dr. Ramskill. Die ideale Blutzuckereinstellung ist dabei immer vom Einzelfall abhängig. Deine Ärztin oder dein Arzt wird dir dabei helfen, dir persönliche Ziele zu setzen, die für dich erreichbar sind.
Wenn du Diabetes hast, kann dein Blutzucker manchmal außerhalb des Zielbereichs liegen. In der folgenden Tabelle findest du einige Faktoren, die einen hohen oder niedrigen Blutzucker verursachen:
Manche Menschen müssen ihren Blutzucker messen, um sicherzustellen, dass er nicht zu hoch oder zu niedrig ist.
Wann sollte ich meinen Blutzucker messen?
„Normalerweise muss der Blutzuckerspiegel nur dann selbst gemessen werden, wenn man Medikamente einnimmt, die eine Unterzuckerung verursachen können. Dazu zählen Insulin oder Sulfonylharnstoffe“, erklärt Dr. Ramskill. Wie oft du deinen Blutzuckerspiegel messen musst, hängt von deinem Diabetes-Typ, deinem Lebensstil und den von dir eingenommenen Medikamenten ab.
Das kann 1 Mal am Tag oder bis zu 7 Mal am Tag sein. Deine Ärztin oder dein Arzt wird dir sagen, wie oft und wie du den Blutzuckerwert messen solltest.
Was passiert, wenn mein Blutzucker zu niedrig ist?
Ein niedriger Blutzucker von weniger als 65 mg/dl (3,6 mmol/l) wird als Hypoglykämie oder Unterzuckerung bezeichnet. Bei einem niedrigen Blutzuckerspiegel können die folgenden Symptome auftreten.
Bei einem niedrigen Blutzuckerspiegel ist es sehr wichtig, schnell etwas dagegen zu unternehmen. Du kannst zum Beispiel einen zuckerhaltigen Snack essen oder etwas Süßes trinken. Dann musst du deine Werte im Auge behalten, bis sie wieder ansteigen.
Bei einer schweren Unterzuckerung können Betroffene bewusstlos werden und nicht mehr selbst gegensteuern. Menschen mit Typ-1-Diabetes können sich für diese Fälle ein Glukagon-Notfallset verschreiben lassen. Wer kein Notfallset hat, sollte schnell notärztlich versorgt werden.
Was passiert, wenn mein Blutzucker zu hoch ist?
Ein hoher Blutzuckerspiegel, auch als Hyperglykämie oder „Überzuckerung” bezeichnet, kann unter anderem folgende Symptome hervorrufen:
- starker Durst
- häufiges Wasserlassen
- verschwommenes Sehen
- Infektanfälligkeit
Kläre mit deiner Ärztin oder deinem Arzt ab, was zu tun ist, damit dein Blutzuckerspiegel wieder sinkt.
Ein stark erhöhter Blutzuckerspiegel zu einem medizinischen Notfall führen: Die diabetische Ketoazidose tritt fast nur bei Typ-1-Diabetes auf und sollte sofort ärztlich versorgt werden. Mögliche Warnzeichen können neben starkem Durst und Harndrang auch
- Appetitlosigkeit,
- Muskelkrämpfe,
- Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen,
- Vertiefte Atmung und
- Muskelkrämpfe
sein.
Mit der Zeit kann selbst ein leicht erhöhter Blutzucker zu Komplikationen wie Nierenversagen, Nervenschäden und Schlaganfällen führen. Die Senkung des Blutzuckerspiegels in den Zielbereich trägt dazu bei, das Risiko für solche Folgeschäden zu verringern.
7 Tipps zur Blutzuckereinstellung
Eine gute Einstellung deines Blutzuckerspiegels sorgt dafür, dass der Diabetes dein Leben nicht beeinträchtigt. Hier sind einige Tipps:
1. Halte dich an deinen Behandlungsplan
„Ärztliche Ratschläge sollte man befolgen“, rät Frau. Dr. Ramskill. Dazu kann zum Beispiel gehören, deine Medikamente richtig einzunehmen, dich mehr zu bewegen oder gesünder zu essen.
An Diabetes zu erkranken, kann eine große Veränderung im Leben sein. Deshalb solltest du ehrlich zu deinen Freunden, Angehörigen und Kollegen sein. Sage ihnen, dass du Diabetes hast und daher eine bestimmte Rücksichtnahme erforderlich ist. Sie sollten dich unterstützen, damit dir die Einhaltung des Behandlungsplans leichter fällt.
2. Behalte deine Werte im Blick
„Je nach Diabetestyp muss man vielleicht regelmäßig den Blutzucker messen oder einen HbA1C-Test durchführen lassen“, erläutert Dr. Ramskill. Bei manchen Patienten wird auch die „Zeit im Zielbereich“ (engl.: Time in Range) bestimmt. Das ist ein Wert, der die gesamten Höhen und Tiefen des Blutzuckerspiegels anzeigt.
Unabhängig von der Art der Blutzuckermessung ist es wichtig, dass du die Werte aufschreibst. Auf diese Weise gewinnst du einen Überblick darüber, wie sich deine Werte verändern, und du kannst gemeinsam mit deiner Ärztin oder deinem Arzt mögliche Änderungen im Lebensstil oder in der Behandlung besprechen.
3. Verstehe, welche Lebensmittel deinen Blutzucker beeinflussen
„Einfache Kohlenhydrate bestehen aus wenigen Zuckerbausteinen, die zusammen ein kleines Molekül bilden. Sie gelangen schnell in unseren Blutkreislauf und verursachen einen starken Zuckeranstieg“, erklärt Dr. Ramskill. Daher solltest du Zucker, Weizenmehl, Fruchtsäfte, Nudeln und Reis meiden.
„Andere Kohlenhydrate sind komplexer aufgebaut und ihr Abbau dauert länger, sodass der Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigt.“ Dazu zählen z. B. Kohlenhydrate in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Kartoffeln, Nüssen und Gemüse.
Um besser voraussagen zu können, wie unterschiedliche Lebensmittel deinen Blutzuckerspiegel beeinflussen, musst du zwei grundlegende Dinge beachten:
- Wie viele Kohlenhydrate nimmst du zu dir?
- Wie lange dauert es, bis die Mahlzeit verdaut ist?
„Diese beiden Faktoren beeinflussen die sogenannte Glykämische Last der Mahlzeit – ein Maß dafür, wie stark sie den Blutzucker erhöht. Nimmt man Lebensmittel mit einer hohen Glykämischen Last zu sich, ist es schwerer den Blutzucker zu kontrollieren“, erklärt Dr. Ramskill.
In der nachstehenden Tabelle findest du Beispiele für die Glykämische Last verschiedener Mahlzeiten.
„Der Verzehr von ballaststoff-, fett- und eiweißreichen Lebensmitteln verlangsamt die Verdauung und führt zu einem geringeren und langsameren Anstieg des Blutzuckers“, betont Frau Dr. Ramskill. Ein:e Ernährungsberater:in kann dir dabei helfen, besser zu verstehen, wie verschiedene Lebensmittel auf dich wirken.
4. Bleib in Bewegung
„Bewegung erhöht die Insulinempfindlichkeit und hilft so, den Blutzucker zu senken. Selbst sanfte Ausdauersportarten, wie zum Beispiel Walking, können bereits viel bewirken. Für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist ein aktiver Lebensstil ein wichtiger Bestandteil ihres Blutzuckermanagements und kann in manchen Fällen den Diabetes sogar wieder umkehren“, erläutert Dr. Ramskill.
Auch Typ-1-Diabetiker:innen wird ausdrücklich zu Sport und Bewegung geraten. Körperliche Aktivität kann den Blutzucker jedoch sowohl erhöhen als auch senken und somit unter Umständen auch zu einer Unterzuckerung führen – dies hängt von der Dauer und Art der Aktivität ab. Wenn du Insulin oder Medikamente nimmst, sprich mit deiner Ärztin oder deinem Arzt darüber, wie du eine durch Sport ausgelöste Hypoglykämie (Unterzucker) vermeiden kannst. Typ-1-Diabetiker:innen, die Sport treiben, müssen ihren Blutzuckerspiegel besonders gut überwachen.
5. Setze auf schrittweise Veränderungen
Nimm unter Anleitung deines Arztes nachhaltige Veränderungen vor. „Bei Typ-2-Diabetes sollte man auf einen gesunden Lebensstil hinarbeiten, den man langfristig beibehalten kann“, so Dr. Ramskill.
6. Sieh das große Ganze
Alkohol, Stress, Schwangerschaft, Wechseljahre, bestimmte Medikamente, Fasten (z. B. während des Ramadan) und unregelmäßiger Schlaf können unvorhersehbare Auswirkungen auf den Blutzucker haben.
Dein Hausarzt oder eine Diabetologin bzw. eine diabetologische Schwerpunktpraxis können dir helfen, besser mit der Blutzuckereinstellung in besonderen Situationen zurechtzukommen.
7. Hol dir Unterstützung, wenn du sie brauchst
„Diabetes ist eine chronische Erkrankung, die viel Disziplin erfordert und Energie kostet, da man jeden Tag etwas dafür tun muss. Diabetespatientinnen und -patienten sind daher besonders gefährdet, ein Burnout zu erleiden,” erklärt Dr. Ramskill.
Wenn du dich überfordert fühlst oder die Motivation verlierst, sprich mit einer Ärztin oder einem Arzt. Sie können dich zusätzlich unterstützen, um dich wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Welche Fragen sollte ich im Arztgespräch stellen?
Die Ärztin oder der Arzt kann dir dabei helfen, deinen Blutzuckerspiegel einzustellen. Du solltest die folgenden Fragen stellen:
- Welche Blutzuckerziele habe ich über den Tag verteilt?
- Wie oft sollte ich meinen Blutzuckerspiegel messen?
- Was bedeuten die Werte?
- Was muss an meinem Behandlungsprogramm geändert werden?
Wenn du glaubst,
- dass du Diabetes haben könntest, auch wenn dieser bisher noch nicht diagnostiziert wurde, oder
- wenn du Schwierigkeiten mit der Einstellung deines Blutzuckerspiegels hast,
solltest du so bald wie möglich mit einer Ärztin oder einem Arzt sprechen.